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Unsere Gesetzesmacher

So fleißig sind unsere Gesetzesmacher

Zypries mißt mit zweierlei Maß
Die Bundesjustizministerin kritisiert das Verhalten von Wirtschaftsminister Guttenberg als "Geldverschwendung", lagert aber selbst Arbeiten auf eine teure amerikanische Kanzlei aus. <Bericht Telepolis>

Der Fall der Kanzlei Linklater, die für das Wirtschaftsministerium nicht nur einen Bankenrechts-Gesetzentwurf schreiben durfte, sondern dafür auch fürstlich bezahlt wurde, hat das öffentliche Augenmerk auf eine Tatsache gelegt, die von Korruptionsforschern wie Werner Rügemer[1] bereits seit Jahren angeprangert wird.

Problematisch ist in solchen Fällen vor allem, daß die Kanzleien in den Details Interessen anderer Mandanten unterbringen können. Und genau auf diese Details kommt es an. Gesetze können nämlich Namen und Überschriften bekommen, die das Gegenteil von dem suggerieren, was sie eigentlich regeln sollen - wie etwa beim "Gesetz über die Ausweitung und Stärkung der Rechte des Bundestages und des Bundesrates in Angelegenheiten der Europäischen Union"[2]. Und ebenso wenig[3] müssen die Probleme, die als Ursachen für ihre Verabschiedung genannt werden, tatsächlich etwas mit den im Gesetz enthaltenen Regelungen zu tun haben. Hinzu kommt, daß Kanzleien, die Gesetze schreiben, dort unauffällige "Soll-Lücken" einbauen und damit später Mandanten gewinnen können.

All das scheint für Bundesjustizministerin Brigitte Zypries jedoch nachrangig: Sie kritisiert am Vorgehen Guttenbergs vor allem zwei Punkte: daß er Zuständigkeiten verletzt habe und daß er Geld verschwenden würde. Allerdings beschäftigt[4] Zypries derzeit selbst die sehr teure amerikanische Kanzlei Sheppard Mullin Richter & Hampton LLP, die in ihrem Auftrag eine Stellungnahme gegen Google[5] schreiben soll. Auf Kosten der deutschen Steuerzahler. Warum sich unter den 300 Beschäftigten des Ministeriums niemand fand, der solch eine Stellungnahme schreiben könnte, konnte man dort nicht überzeugend erklären. Statt dessen verwies man darauf, wie schwierig es angeblich gewesen sei, für die Aufgabe eine Kanzlei zu finden.

Einen Beleg dafür, daß Politiker keine externen Kanzleien brauchen, um Gesetzesdetails so zu gestalten, daß sie ganz andere als die öffentlich propagierten Auswirkungen haben, könnte noch im August der Entwurf zum neuen Begleitgesetz zum Lissabon-Vertrag liefern, dessen alte Version das Bundesverfassungsgericht am 30. Juni als grundgesetzwidrig verwarf, weil es Bundestags- und Bundesratsrechte nicht ausreichend berücksichtigte. Nach Informationen des Journalisten Réne Pfister ist man derzeit dabei, "eine Formulierung zu finden, die das Parlament nur dem Wortlaut nach besser stellt".

Möglicherweise als Vorbereitung auf eine solche Regelung ruderte die CSU, die bis vor kurzem noch eine über die Karlsruher Leitplanken hinausgehenden Regelung gefordert hatte, in dieser Woche nicht nur hinter ihre eigene alte Position zurück. "Die Bundesregierung", so heißt es dort[6] jetzt, müsse "natürlich die Möglichkeit haben, aus zwingenden außen- und integrationspolitischen Gründen von einer Stellungnahme des Bundestags abzuweichen."


Update: Am Donnerstagvormittag erklärte das Bundesjustizministerium gegenüber Telepolis die Auffassung, daß es wichtig sei, auch als nicht direkt Prozeßbeteiligter von einem amerikanischen Fachanwalt vertreten werden zu werden. Allerdings ist dies für Amicus Curiae Stellungnahmen weder formell notwendig noch üblich. Auf Wunsch des Ministeriums fügen wir diese Ergänzung dennoch gerne an. <Bericht Telepolis, 14.08.2009>

Links:
[1] http://www.heise.de/tp/r4/artikel/22/22880/1.html
[2] http://www.heise.de/tp/r4/artikel/30/30631/1.html
[3] http://www.heise.de/tp/r4/artikel/30/30343/1.html
[4] http://www.heise.de/tp/blogs/6/142153
[5] http://www.heise.de/tp/r4/artikel/30/30829/1.html
[6] http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,641744,00.html

News URL: http://www.heise.de/tp/blogs/8/143459

Kommentar des Hofnarren:

Seit mindestens zehn Jahren versuche ich dem Wahlvolk und den Politikern auf den verschiedensten Ebenen und in diversen Gremien zu erklären, daß in Deutschland die so genannte politische Elite schon lange nicht mehr ihre Hausaufgaben macht.

In meiner Schulzeit habe ich noch gelernt, daß Gesetze in unseren Parlamenten von unseren Volksvertretern ausgearbeitet, eingebracht, diskutiert und beschlossen werden.

Die heutige Praxis sieht jedoch völlig anders aus. Gesetze werden in großen internationalen Kanzleien bzw. den Rechtsabteilungen nationaler und internationaler Konzerne und Großbanken verfaßt und in den Parlamenten durch unsere „Volksvertreter“ nur  noch abgenickt. Oft enthalten die Gesetzestexte sogar noch die Orthographie-, Syntax- und Interpunktionsfehler, mit denen sie aus den Kanzleien und Rechtsabteilungen der Global-Player kommen.
Wen wundert es da eigentlich, daß diese Gesetzestextkonstrukte immer wirtschaftsfreundlich ausfallen, den Arbeitnehmern, Rentnern und ins soziale Aus gedrängten Bürgern aber immer mehr Lasten aufbürdet werden?

Ich stelle hier deshalb energisch die Frage: „Sind unsere Parlamentarier eigentlich so hohe Diäten und Ruhegehälter wert? Und wo bleibt ihre Gegenleistung dafür?“

Steht in unserem Grundgesetz nicht „Alle Macht geht vom Volk aus?“. Jener Passus müßte folgerichtig geändert werden in „Alle Macht geht von multinationalen Konzernen und Großbanken aus.“ Aber unser Grundgesetz wird schon seit Jahren von unseren Politischen Akteuren an vielerlei Stellen ausgehöhlt und ins Unkenntliche verzerrt.

Über Jahre hinweg findet auch ein ständiger Abbau dieser Elementarrechte unter dem Motto „Für ihre Sicherheit demontieren wir ihre Grundrechte“; was sich aber niemand zu sagen wagt. Die Rechtsradikalen und Ultralinken wird's freuen. Für deren Renaissance leisten die heutigen Parlamentarier und Ministerien die Vorarbeit, deshalb wird unsere Republik in der Zukunft auch diesen zerstörerischen Kräften wieder in die Hände fallen. Fazit: Aus der Geschichte eben keine Lehren gezogen.

Für mich gilt weiter: „Wird nur eines unserer Grundrechte verletzt oder gar mißachtet, so verlieren auch alle übrigen ihren Wert.“ <fkbheu, 14.08.2009>