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Aus der Provinz
Der "Allgemeine Anzeiger" berichtet am 24.02.2010 aus Bad Sobernheim:

Weist die Stadt ausgestreckte Hand zurück?

24.02.2010 - BAD SOBERNHEIM

Von Gerhard Benz

SYNAGOGE Stiftungen dienen der Erinnerung

Am Mittwochabend soll der Bauausschuss über die endgültige Ausstattung des Kulturhauses Synagoge befinden. Der Umbau des ehemaligen jüdischen Gotteshauses in eine zentrale Bücherei von Stadt und evangelischer Kirchengemeinde ist so gut wie abgeschlossen, der Termin für die Einweihung Ende Mai beschlossene Sache. Noch nicht geklärt in den städtischen Gremien ist hingegen, welchen Stellenwert das Gebäude künftig als Gedenkstätte einnehmen wird. Die Synagoge war Zentrum jüdischen Lebens in der Stadt, bis sie von Sobernheimer Nazis 1938 geschändet worden war. Dass an diese historischen Fakten angemessen erinnert werden soll, war im alten Stadtrat unter Hans-Georg Janneck (SPD) Konsens. Dieser bröckelt nun unter dessen Nachfolger Dr. Felix Welker (CDU).

Seit dessen Amtsantritt wurde über dieses sensible Thema zumeist unter Ausschluss der Öffentlichkeit diskutiert. Selbst der Vorsitzende des Fördervereins sah sich plötzlich vor verschlossenen Türen wieder. Das erstaunt um so mehr, als gerade der Förderverein - im Auftrag der Stadt - sich jahrzehntelang nicht nur um das Gebäude gekümmert, sondern auch die Finanzierung seiner Erhaltung komplett geschultert hat. Für Mittwochabend ist nun Hans-Eberhard Berkemann wieder eingeladen worden. Man wird sehen, ob der Ausschuss ihn auch bis zum Ende der Sitzung in seiner Mitte dulden wird.

Der Förderverein möchte an drei Stellen an die frühere Nutzung des Hauses und an die Geschichte der Juden in Bad Sobernheim erinnern. Zum einen soll wieder ein Thora-Schrein in die noch vorhandene Nische eingebaut werden. Der Original-Vorhang wurde 1938 von der christlichen Haushälterin des Fabrikanten Heinrich Marum gerettet und wird in Meisenheim aufbewahrt. Er könnte nun an seinen ursprünglichen Platz zurückkehren. Die Kosten für den Schrein übernehmen Enkel des früheren Fabrikbesitzers Alfred Marum. Eine original Thora-Rolle befindet sich in den USA. Berkemann hofft auf deren Rückführung.

In einer Ecke des Kulturhauses ist eine Video-Installation eines amerikanischen Künstlers vorgesehen, auch dies eine Stiftung einer Marum-Nachfahrin: Dr. Krakauer. Auf ein Buch mit leeren Seiten werden Bilder aus der Geschichte der Juden in Bad Sobernheim projiziert. Zusätzlich soll ein Harmonium Zeugnis von der damaligen liberalen jüdischen Gemeinde ablegen. Nur dort wurden Gottesdienste mit Musikbegleitung abgehalten, was bei den Orthodoxen nicht üblich war.

Einigen Kommunalpolitikern aber geht die geplante Aufstellung dieser Erinnerungsstücke offenbar viel zu weit. Ihnen schwebt die ausschließliche Nutzung des Gebäudes als Bücherei vor: Sie wollen Hinweise auf die jüdische Geschichte tilgen und damit auch die Nazi-Verbrechen offenbar nicht mehr thematisieren. Im Vorfeld der Ausschusssitzung warnt Berkemann vor den fatalen Folgen unbedachter Beschlüsse. Wenn die Stadt die angebotenen Stiftungen der Marum-Nachfahren zurückweise, ist das für den Chef des Fördervereins so, "als wenn man die ausgestreckte Hand der Versöhnung zurückweist".

Der Stimmungswandel in den städtischen Gremien hat anscheinend auch schon andere Bevölkerungskreise erreicht. So schlug ein einflussreicher Bürger allen Ernstes vor, den Davidstern im Rundfenster doch besser wieder zu entfernen, da dieser dort störe. Kritik gab es auch bereits an der Einweihung und den dafür eingeplanten 5000 Euro. Wieso für die Eröffnung der neuen Bücherei so viel Geld gebraucht werde und warum 300 Personen dazu geladen werden, wollte Rudi Hill wissen.

Kommentar des Hofnarren: