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Sicherheitspolitik
Karlsruhe kippt die Vorratsdatenspeicherung

Das Gesetz über die Vorratsdatenspeicherung ist verfassungswidrig und muss völlig neu gefasst werden. Das hat das Bundesverfassungsgericht entschieden. Damit beschied es der mit fast 35.000 Unterzeichnern bisher größten Massenklage in Karlsruhe einen unerwartet deutlichen Erfolg.

Die Karlsruher Richter haben entschieden: Die bisherige Datenspeicherung
als verfassungswidrig (Foto: imago)

Die bisher gespeicherten Daten seien "unverzüglich zu löschen", stellte Gerichtspräsident Hans-Jürgen Papier klar. Nach der Entscheidung des höchsten deutschen Gerichts ist die Massenspeicherung von Telefon- und Internetdaten zur Strafverfolgung in ihrer jetzigen Form nicht mit dem Grundgesetz unvereinbar.

Verstoß gegen Fernmeldegeheimnis

Weil die Vorratsdatenspeicherung in der geltenden Form gegen das vom Grundgesetz geschützte Fernmeldegeheimnis verstößt, erklärte das höchste deutsche Gericht das Gesetz für nichtig. Für die jetzt fällige Neufassung machten die Verfassungsrichter strenge Auflagen. Eine Vorratsdatenspeicherung in diesem Umfang ist nach dem Urteil nicht grundsätzlich verfassungswidrig, erläuterte Papier. Da sie in dem von der Großen Koalition verabschiedeten Form aber nicht den Anforderungen des Grundgesetzes entspricht, setzte Karlsruhe das Gesetz außer Kraft und ordnete die unverzügliche Löschung der gespeicherten Daten an.

BVG erschwert Datenzugriff

Zudem erlegten die Richter dem Gesetzgeber auf, dass die Daten bei einer Neufassung der Bestimmungen nur beim Verdacht auf schwere Straftaten oder zur Abwehr einer Gefahr für Leib und Leben von den Sicherheitsbehörden abgerufen werden dürfen. Weitere Voraussetzung ist ein Richtervorbehalt. Nach den Anfang 2008 in Kraft getretenen Bestimmungen mussten die Telefon-gesellschaften und Internet-Provider bislang die Verbindungsdaten ihrer Kunden für sechs Monate speichern. Konkret betraf dies Anrufer und Angerufene im Festnetz und per Handy, Mail- und IP-Adressen von Sendern und Empfängern sowie die Verbindungs-daten der Internetnutzung. Nicht erfasst wurde dagegen der Inhalt der Telefonate und Mails. Ziel des Gesetzes sollten eine effektivere Strafverfolgung und Terrorabwehr sein. Bei Straftaten oder zur Gefahrenabwehr konnten Staatsanwälte, Polizei oder Geheimdienste daher auf die Daten bei den Telefonunternehmen zurückgreifen.

Tausende von Klägern

Das deutsche Gesetz über die Vorratsdatenspeicherung geht auf eine Richtlinie der Europäischen Union zurück. Das Bundesverfassungsgericht verzichtete aber darauf, den Europäischen Gerichtshof anzurufen, weil es laut Papier auf einen möglichen Vorrang des Gemeinschaftsrechts nicht ankommt. Bereits 2008 hatte Karlsruhe in einer Einstweiligen Anordnung entschieden, dass die Vorratsdaten von den Behörden nur bei schweren Straftaten, nicht aber etwa beim illegalen Herunterladen von Musik aus dem Internet abgerufen werden dürfen. In dem Urteil gehen die Richter mit ihren Auflagen jetzt aber weit darüber hinaus. Damit hatten die Verfassungsbeschwerden von 34.900 Unterzeichnern der Klage des Arbeitskreises Vorratsdaten-speicherung ebenso Erfolg wie die mehrerer Politiker, darunter die langjährigen FDP-Politiker Burkhard Hirsch und Gerhart Baum, aber auch die heutige Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger. Die FDP-Politikerin ließ sich in Karlsruhe von ihrer Staatssekretärin Birgit Grundmann vertreten, da sie nicht in einer Doppelrolle als Klägerin und zugleich Beklagter auftreten wollte.

Neufassung unter strengen Auflagen

Wenn Bundestag und Bundesrat nunmehr ein neues Gesetz über die Vorratsdatenspeicherung verabschieden wollen, müssen sie nach dem Karlsruher Urteil auch erheblich schärfere Vorkehrungen für die Sicherheit der gespeicherten Daten schaffen. Eine Pflicht, sie sechs Monate lang aufzubewahren, ist nach den Worten Papiers nicht schlechthin verfassungswidrig. Allerdings handele es sich um einen besonders schweren Eingriff mit einer Streubreite, wie sie die Rechtsordnung bisher nicht kenne. Daher muss der Gesetzgeber sicherstellen, dass die Daten nur bei durch bestimmte Tatsachen begründetem Verdacht einer schwerwiegenden Straftat abgerufen werden dürfen. Auch müssen die Betroffenen zumindest nachträglich über die Verwendung ihrer Daten informiert werden.

Anmerkung des Hofnarren:

Es lohnt sich eben doch, wenn man sich an Petiionen beteiligt oder selbst Petitionen verfaßt. Ich selbst habe mich seiner Zeit an einer der ersten Petitionen gegen dieses Schnüffelgesetz beteiligt. Der Richterspruch wiederlegt das weinerliche Genörgel so mancher Mitbürger, die für alles immer nur den Satz "Wir können ja doch nichts dagegen machen!" parat haben.

Richtig ist:  "Wer nicht kämpft, der hat von vornherein verloren."  Mir gibt der Richterspruch wider Mut weiter zu machen, mich zu wehren und nicht nur jammernd zuhause zu hocken.

F.-K. Heuser, Euer Hofnarr aus Bad Münster